Man muss sich an die sonnigen Touren der Saison erinnern, wenn im November das Wetter am Bodensee wieder trüb wird. So wie wir z.B. an unser Mountainbike-Abenteuer auf der Route der „Transvésubiennne“ von den Seealpen nach Nizza denken.
Die „Transvésubienne“ ist ein anspruchsvolles, hochalpines MTB-Rennen, das auf 80 km Strecke 89 % Singletrails, 3.500 Höhenmeter D+ und 5.200 Höhenmeter D- bietet und an vielen Stellen dem GR5, also dem alpinen Fernwanderweg folgt. Der Start ist im Skigebiet und Bikepark La Colmiane auf dem 1.500 m ü. M. gelegenen Pass „St. Martin“ und der Parcour führt über mehrere Bergrücken und -Gipfel und über den namensgebenden Fluss „Vésubie“ schließlich durch die Küstenstadt Nizza bis ans Mittelmeer.
Wenn die Schnellsten bei dieser Veranstaltung die extrem anspruchsvollen Trails in 5 ½ Stunden schaffen, dann sehen wir uns sicher nicht als Konkurrenten und nehmen uns die Zeit, die wir brauchen, um die Strecke zu bewältigen, aber auch die Reize der Landschaft und der Natur zu genießen.
Dazu haben wir uns für den Bikepacking-Modus entschieden, diese trendige Art des Reisens mit dem Fahrrad, die sich in den letzten Jahren erstaunlich entwickelt und etabliert hat. Sie gibt uns die ganze Freiheit unsere Kräfte einzuteilen und den Anforderungen des Geländes anzupassen. Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche und verstauen sowohl unsere Ausstattung als auch die Verpflegung in der 15-Liter-Rolle am Lenker, zwei 6 Liter-Gabeltaschen und einem kleinen Rucksack. So können wir von den großartigen Fahreigenschaften unserer vollgefederten Mountainbikes von ORBEA und ihrer absenkbaren Sattelstützen profitieren, sowohl beim „Occam“, als auch beim „Rise“ mit Shimano-Motor EP8.
Wir brechen am frühen Nachmittag bei angenehmer Sonne auf, die uns zu unserem ersten Gipfel des Mercantour begleitet. Die Landschaft ist großartig, mit schroffen Bergen soweit das Auge reicht. Die ersten Kilometer führen uns bergauf und werden schnell anspruchsvoll. Sie schlängeln sich zwischen Pinien und Felsen hindurch und zwingen uns bereits dazu, unsere Fahrräder zu schieben. Auch jede Abfahrt ist eine Herausforderung, denn lose Steine, Wurzeln und Stufen erfordern ständige Aufmerksamkeit. Unsere Mountainbikes machen einen guten Job und halten allen Erschütterungen stand, aber unsere Arme ermüden. Man muss präzise und aufmerksam fahren, um gefährliche Überraschungen zu vermeiden.
Hinter jeder Kurve eröffnet sich unseren Augen ein anderes Panorama. Die Schönheit der Landschaften motiviert uns zum Weiterfahren, denn die Aussicht auf die umliegenden Täler ist spektakulär.
Von den Hochgebirgsweiden tauchen wir in die Pinienwälder und dann in die mediterranen Hügel ein. Die Wege werden trockener, die Vegetation dichter und struppiger.
Die Ankunft in Nizza scheint noch in weiter Ferne, doch der Blick auf das Mittelmeer gibt uns einen Energieschub. Bevor wir das Meer erreichen, müssen wir noch die letzten Hindernisse überwinden. Der Mont Chauve, berühmt für seine beeindruckenden Pisten, markiert die letzte große Schwierigkeit der Transvésubienne. Ein gnadenloser Aufstieg, gefolgt von einer technischen Abfahrt, bei der Kontrolle und Klarheit unerlässlich sind, um Stürze zu vermeiden.
Und endlich präsentiert sich die Stadt Nizza - aber nicht auf die klassische Art! Anstatt durch die von Palmen gesäumten Gassen von Nizza zu fahren, shreddern wir auf den Kieselsteinen im Flussbett der „Paillon“ selbst, hören nur rechts und links das Getöse des dichten Stadtverkehrs und rollen unter seinen Brücken hindurch. Manchmal sogar in totaler Dunkelheit in einem mehrere hundert Meter langen Brückenschacht. Die Ankunft auf der englischen Promenade ist ein Moment der Überraschung. Das Meer glitzert unter der Sonne der Riviera und die Touristenmassen stehen im Kontrast zu den vergangenen Tagen, die wir in der Stille der Berge verbracht haben.
Die Transvésubienne ist viel mehr als eine Mountainbike-Überquerung der Vésubie und den maritimen Alpen. Es ist ein menschliches Abenteuer, eine Gemeinschaft mit der Natur, bei der jeder Pedaltritt ein Sieg über sich selbst ist.